Am Tag der Seelen drückte eine obskure
Überdosis Seelenheilmittel den Säugling
in die Novemberwelt des neunzehnhundert-
sechsundsechziger Jahrs. Woanders jagte
man weiße Kaninchen. Hier flackerten
die Lichtlein auf dem Kirchhof lebendig.
Der Säugling schrie nicht, es nachtete
schon. Er lächelte still wie eine Schwarz-
weißglotze mit Tonausfall. Mutter schämte
sich. Wie die Lichtlein werde ich tanzen
auf euren Gräbern, denn ich weiß, die stumme
Welt ändert sich nicht, sie endet. Aber bin
ich die Welt? Mutter, bin ich die verfickte Welt?
Diesen Gefallen werde ich dir nie tun.
Im Herbst blühen keine Sonnenblumen.
Laubpuster waren damals noch nicht
erfunden. Mit ihnen wäre ich gegen die
Herbststürme gerannt, die Handinnen-
flächen blutig von rotem Laub. Ich hätte
geschrieen wie eine beschissene Frühlings-
geburt. Der Drachenflug hätte nie begonnen.
Ich spucke Kaminfeuer.
Scheitholz 46 © 2010
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